Die Parsberger Tracht
Bei der Gründung des Heimat- und Volkstrachtenvereins D'Parsberger im Jahre 1983 hatten sich die Mitglieder zum Ziel gesetzt, nach einem Gewand zu suchen, das in früheren Zeiten in der näheren Umgebung von der bäuerlichen Bevölkerung getragen wurde.
Es wurden Bücher „gewälzt", ortsgeschichtliche Publikationen durchforstet, Trachtenkenner befragt, Stiche, Bilder und Motivtafeln angesehen und alte Bilder und Fotos zusammengetragen.
Schon bald wurde klar, daß man sich bei der Suche auf den Beginn des 19. Jahrhunderts konzentrieren mußte, weil aus der Zeit davor nur wenige Stiche oder nur ungenaue Beschreibungen zur Kleidung in unserer Region vorhanden waren. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurde das Erscheinungsbild der ehemals relativ einheitlichen bäuerlichen Kleidung verwässert, abgeändert, den Gepflogenheiten anderer Gegenden oder auch anderer Bevölkerungsschichten angepaßt. (Mode!)
Die Nachforschungen erbrachten auch die Erkenntnis, daß das gesamte Trachtengebiet doch wesentlich größer sein mußte als unser kleines Gebiet um den Parsberg herum mit seinen Ansiedlungen Puchheim, Alling, Gilching, Unterpfaffenhofen und Germering. Da sich eine bestimmte Kleidung in erster Linie am gleichen Ort, dann in Nachbarorten, aber ganz besonders auch an den gemeinsamen Marktorten und zuständigen Amtsbezirksorten entwickelte (und mit der Zeit auch laufend veränderte!), entstanden Trachtenlandschaften mit weitgehend einheitlicher Signatur der Kleidungsstücke und nur kleinen regionalen Varianten, z.B. in Machart, Form und Farbe. In diesen Gebieten konnte jeder sofort an der Kleidung des anderen erkennen, woher dieser kam.
Spätestens zu einem Zeitpunkt, als sich D'Parsberger hilfesuchend an den wohl besten Experten auf dem Gebiet, Herrn Paul Ernst Rattelmüller, zu der Zeit Bezirksheimatpfleger von Oberbayem, gewandt hatten, wurde deutlich, daß von einem Trachtengebiet gesprochen werden muß, dessen Tracht eigentlich nicht ganz korrekt „Dachauer Tracht" genannt wird. In Wirklichkeit steht diese Tracht einem viel größeren Raum zu. Es waren, wie Herr Rattelmüller erläuterte, die Maler aus der Dachauer Künstlerkolonie zu Beginn des 19. Jahrhunderts, welche die sehr dekorative Dachauer Tracht immer wieder malten und ihr somit Namen und Bekanntheitsgrad verliehen. Herr Rattel- müller weiter: „Diese Tracht wurde im Osten von München , Siegertsbrunn, Ottobrunn, Hohenbrunn getragen, ebenso wie in einem großen Bogen um München herum über Ebersberg, Erding, Moosburg, die ganze Amper hinauf von Dachau über Fürstenfeldbruck bis Landsberg, sogar noch in Wenigmünchen und bis hinüber nach Kaltenberg und im ganzen Gebiet von Lech und Ammersee bis nach Weilheim."
In verschiedenen alten Aufzeichnungen liest man etwas über die „Amper - Tracht", in einigen sogar von der „Parsberger Tracht". Beide haben grundlegende Elemente der Dachauer Tracht, unterscheiden sich von ihr jedoch durch Abwandlungen, besonders auffallend Schuhwerk, Kopfbedeckung und Farbzusammenstellung beim weiblichen wie beim männlichen Geschlecht. Herauszufinden, zu welchem Zeitpunkt im Gebiet um den kleinen Höhenzug Parsberg welche Tracht getragen wurde, auf die sich D'Parsberger festlegen wollten, überließen die Vereinsmitglieder dann ganz dem Experten, Herrn Rattelmüller. Die schwere und unbequeme Tracht aus der Zeit zwischen 1820 und 1840 sollte allerdings dem Wunsche der Vereinsmitglieder ein wenig den heutigen Verhältnissen angepaßt, d.h. „erneuert" werden. Dieser Wunsch stieß bei Herrn Rattelmüller auf volles Verständnis, und so zeigte er genau die Möglichkeiten, aber auch die Grenzen der Trachtenemeuerung auf, gab Hinweise auf Schneiderinnen und Schneider, Säckler, Schuhmacher, Hutmacher und nannte Bezugsquellen, wo die richtigen Stoffe, Knöpfe, Schnallen, Florschließen u.s.w. beschafft werden konnten.
Herr Rattelmüller begleitete die Bemühungen der Vereinsmitglieder um die neue Tracht stets mit voller Unterstützung, manchmal auch mit hohem Zeitaufwand und großer Geduld. Als im Sommer 1984 die erneuerte Parsberger Tracht der heimischen Bevölkerung vorgestellt werden konnte, hielt Herr Rattelmüller einen lebendigen Vortrag über Trachten in Bayern und besonders über die erneuerte Parsberger Tracht. Die Zuhörer konnten dabei erfahren, daß der Mentor zufrieden war mit dem Ergebnis der gemeinsamen Bemühungen.
Text von Heinrich Binnewies
Die Parsberger Tracht
von Hildegard Mohr-Reuther
Fang i von obn o, oda von unt’ hinauf
auf jedn Foi hör i mi'm andan End auf.
Aufm Kopf ham de Manna aus Velour an Huat:
Schwarz, Krempn auf´bogn, in d´Stirn reig'setzt guat.
A weiß's Hemad, ois näxts, mit Biesnfoitn
werd am Hois mit an schwarzen Schmieserl g'hoitn.
Und drüba a Stoffwestn von rota oda schwarza Farb.
Mit Suibaknöpf werd an dea a net g'spart.
Konnst as knöpfn, wia´s d'magst:
Amoi links, amoi rechts!
Amoi zua, amoi offn, des is gar nix schlechts!
Aus Stoff oda Leder is d'Bundhos'n mit Hosnlatz und
ziemli weit naufg'schnitt'n da Hosnbund.
De Jack'n is schwarz und mit Seidn ausg'schlag'n,
de werd vaziert mit Suibaknöpf tragn.
De Strumpf, de ma o’ham, san wassablau
- so wia's die Oidn tragn ham - ganz genau!
De schwarzn Suibaschnoinschuah san an Pracht:
Des is de Parsberger Mannatracht.
De Weiba ham Kappn aus Bisam und Seidn.
- De kunnt de Extrigste daleidn! -
N kimmt a Blusn mit Spitznkragn,
de werd üba's Miada und Jackal g'schlagen.
As Miada is schwarz aus Seidnmorree,
dazwischn steckt da rot Schmieslatz recht sche'.
Ei´g'schnürt werd ois mit Hakn und Band
übas Kreiz, z'letzt a Schleifal, na hot ois an Stand.
Da Woirock is ei´g'färbt, wia´s Miada gleich
handbroat aufg'reit, daß d'Foit'n foin reich.
Da Rock is so lang, daß ma siecht no an Fuaß,
in de weißn Strumpf und de schwarzn Schuach.
De Schuah, de ham a a Suibaschnoin.
Üban Rock muaß a seidana Schurz obifoin.
Um an Hois a schwarz Seidntuach mit Suibafiligran.
Jetzt sagt's ma nua, wer no schena sei' kann?